Für ein respektvolles Miteinander. Dies ist ein Auszug aus der Broschüre „Nicht-so-sondern-so“ des DBSV. Diese findet Ihr in unserem Downloadbereich und kann gern auch heruntergeladen werden.
Blinden oder sehbehinderten Menschen helfen? Ehrensache! Aber verhält man sich dabei immer richtig?Oft wissen Menschen nicht, wie sie blinde und sehbehinderte Menschen am besten ansprechen und ihre Hilfe anbieten. Es bestehen Unsicherheiten in der Wortwahl. Oder Alltagssituationen werden falsch interpretiert. Dann kommt es vor, dass seheingeschränkte Menschen z.B. ungefragt angefasst werden, um über eine Straße geleitet oder in Busse und Bahnen gebracht zu werden. Es gibt viele Situationen, in denen blinde und sehbehinderte Menschen Hilfe benötigen. Gleichzeitig entscheiden die Betroffenen gerne selbst, in welcher Lage sie die Unterstützung einer sehenden Person brauchen und wann nicht.
Darf man eigentlich „sehen“ sagen?
Im Gespräch mit einer blinden Person sind viele Menschen häufig unsicher, was ihre Wortwahl betrifft. Sie scheuen sich davor, Wörter wie „sehen“, „betrachten“ oder „blind“ zu gebrauchen. Sie sagen dann: „Mein Onkel ist auch … äh, äh … so“, oder „Meine Großmutter hatte das auch.“ Wenn sie irrtümlich doch das Wort „sehen“ gebrauchen, kann es geschehen, dass sie sich dafür entschuldigen: „Oh! Entschuldigen Sie … ich hatte nicht daran gedacht“ usw.
Auch Betroffene wenden das Wort „sehen“ oder ähnliche Wörter meist ganz normal im Gespräch an: „Ich habe dieses Buch gelesen“ (in Blindenschrift oder als Hörbuch). „Ja, ich habe dieses Theaterstück gesehen“ (gehört). Sie können deshalb in der Regel ohne Hemmung beim Treffen zu einem blinden Menschen sagen „Wie schön, Sie/dich endlich mal wieder zu sehen“.
Bitte direkt ansprechen
Immer wieder erleben seheingeschränkte Menschen folgende Situation: Jemand sagt zu deren sehende Begleitung Sätze wie: „Möchte Ihr Mann etwas trinken?“, „Kann die Dame selbst unterschreiben?“, oder „Möchte der Herr Platz nehmen?“
Wenn Sie einem blinden Menschen etwas anbieten wollen, sprechen Sie ihn mit seinem Namen an oder sprechen Sie in seine Richtung. Vielleicht gelingt Ihnen auch ein charmanter Hinweis, der die Person erkennen lässt, dass sie gemeint ist.
Wo ist „da“, wo ist „dort“?
Häufig verwenden wir Sätze wie „Da steht ein Sessel“ oder „Auf dem Tisch dort hinten“ oder „Vorsicht, da vorne ist ein Fahrrad an die Mauer gelehnt. Sagen Sie im Gespräch mit einer seheingeschränkten Person lieber: „Vor Ihnen steht ein Sessel“, „Ein kleiner Tisch befindet sich einen Meter hinter Ihnen“, oder „Ungefähr zehn Meter vor Ihnen links lehnt ein Fahrrad an der Mauer.“
Bei Tisch können Sie beispielsweise sagen: „Ihr Glas steht links vor Ihnen“, oder „Das Glas steht neben Ihrer rechten Hand.“ Sie können den fraglichen Gegenstand auch leicht berühren, sodass der Betroffene ihn nach dem Klang finden kann. Wenn Sie ihm ein Glas Wasser in die Hand geben, sagen Sie ihm aber auch, wo er es hinstellen kann, zum Beispiel: „Links neben Ihrem Sessel steht ein kleiner Tisch.“
Hilfe beim Einkauf
Wenn Sie einem blinden Menschen helfen, ein Geschäft zu betreten, gehen Sie mit ihm gemeinsam bis zu einem Verkäufer oder einer Verkäuferin oder einem Servicestand; dort wird dann in den meisten Fällen die Einkaufsbegleitung übernommen.
Die Garderobe in Gaststätten wiederfinden
In Gaststätten wird blinden Menschen oft aus dem Mantel geholfen. Und schon sind die Sachen verschwunden! Es ist deshalb besser, wenn blinde Personen ihre Sachen selbst ablegen. Wenn Sie dabei helfen, sagen Sie: „Ihr Mantel hängt am ersten Haken neben der Tür.“
Der Weg zum WC
Wenn ein blinder Mensch Sie bittet, ihn zum WC zu begleiten, brauchen Sie keine Hemmungen haben. Sind Sie vom gleichen Geschlecht und befinden sich an einem öffentlichen Ort, können Sie zusammen eintreten und den Weg zur Kabine weisen. Haben Sie Zeit, draußen auf die blinde Person zu warten, zeigen Sie ihr auch das Waschbecken, die Seife, das Handtuch oder den Handtrockner. Zögern Sie gegebenenfalls auch nicht, ihr zu sagen, dass die Toilette in keinem sauberen Zustand ist.
Viele blinde Menschen sind es gewohnt, sich eigenständig in öffentlichen WC-Anlagen zu orientieren. Ist der blinde Mensch also vom anderen Geschlecht, besprechen Sie gemeinsam das bestmögliche Vorgehen. In den meisten Fällen reicht es aus, wenn Mann/Frau denjenigen bis zur Tür begleitet.
Türen und Hindernisse
Achten Sie darauf, dass Haus- und Zimmertüren entweder ganz offen oder geschlossen sind. Halb offene Türen können für blinde Menschen zu einem gefährlichen Hindernis werden. Auch Schranktüren müssen deshalb immer ganz geschlossen sein. Lassen Sie bitte auch keine Gegenstände, z.B. Mülleimer oder Staubsauger in den Wegen herumstehen.
Wenn man blinde Menschen auf dem Gehweg trifft, ist es nett, wenn man sie auf mögliche Gefahrenquellen hinweist, die mit dem Stock nicht wahrgenommen werden können, z.B. offene Kofferraumtüren, herabhängende Äste von Sträuchern und Bäumen, die über den Gehweg ragen oder Hinterlassenschaften von Hunden auf dem Gehweg.
Zu guter Letzt: Die goldene Regel
Diese Tipps gelten für die meisten Betroffenen. Letztlich weiß jede einzelne Person am besten, welche Hilfe wann und in welcher Form benötigt wird. Fassen Sie bitte eine blinde oder sehbehinderte Person niemals ungefragt an – es sei denn, es besteht Lebensgefahr.
Die goldene Regel muss immer sein: Fragen Sie einen blinden oder sehbehinderten Menschen, ob Sie ihm helfen können, bevor Sie etwas für ihn tun – aus Respekt vor ihm und seiner Selbstständigkeit!